Sinn, Auftrag, Mission am Beispiel des alttestamentlichen Gottesvolks und des heutigen Israel
Für jedes einzelne Leben und jede Gemeinschaft stellt sich die Frage nach dem Sinn.
In besonderer Weise hat sie sich dem alttestamentlichen Gottesvolk und dem heutigen Israel gestellt. Lange war es der Versuch, dem Auftrag seines Gottes zu folgen, der ihm das gelobte Land verheißen hat und in der babylonischen Gefangenschaft die Rückkehr als Ziel gesetzt hat.
Im christlichen Verständnis wurde aus diesem Auftrag die Mission: Gehet hin in alle Welt. Die Mutterländer der europäischen Kolonisation sind ihrerseits einer Mission gefolgt: Ausbreitung der europäischen Zivilisation und des Christentums und später Ausbreitung der Ideen der europäischen Aufklärung. Bei dieser Mission haben die christlichen Missionare gewiss eine bessere Rolle gespielt als die Kolonisatoren. Gegenwärtig haben diese sich freilich aus gutem Grund von patriarchalischer "Entwicklungshilfe" mehr und mehr zurückgenommen auf Hilfe zur Selbsthilfe. Statt Hilfe für die "Dritte Welt", Kooperation mit dem "Globalen Süden". (Oder ist es doch eine Fortsetzung von Kolonialismus und Imperialismus in neuer Form: Neokolonialismus und Neoimperialismus?)
"Die derzeitige Situation, die durch den an Grausamkeit nicht zu überbietenden Angriff der Hamas und Israels Reaktion darauf geschaffen wurde, hat zu einer Kaskade von moralisch-politischen Stellungnahmen und Demonstrationen geführt. Wir sind der Auffassung, dass bei all den widerstreitenden Sichtweisen, die geäußert werden, einige Grundsätze festzuhalten sind, die nicht bestritten werden sollten. Sie liegen der recht verstandenen Solidarität mit Israel und Jüdinnen und Juden in Deutschland zugrunde.
Das Massaker der Hamas in der erklärten Absicht, jüdisches Leben generell zu vernichten, hat Israel zu einem Gegenschlag veranlasst. Wie dieser prinzipiell gerechtfertigte Gegenschlag geführt wird, wird kontrovers diskutiert; Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Vermeidung ziviler Opfer und der Führung eines Krieges mit der Aussicht auf künftigen Frieden müssen dabei leitend sein. Bei aller Sorge um das Schicksal der palästinensischen Bevölkerung verrutschen die Maßstäbe der Beurteilung jedoch vollends, wenn dem israelischen Vorgehen genozidale Absichten zugeschrieben werden.
Insbesondere rechtfertigt das Vorgehen Israels in keiner Weise antisemitische Reaktionen, erst recht nicht in Deutschland. Es ist unerträglich, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder Drohungen gegen Leib und Leben ausgesetzt sind und vor physischer Gewalt auf der Straße Angst haben müssen. Mit dem demokratischen, an der Verpflichtung zur Achtung der Menschenwürde orientierten Selbstverständnis der Bundesrepublik verbindet sich eine politische Kultur, für die im Lichte der Massenverbrechen der NS-Zeit jüdisches Leben und das Existenzrecht Israels* zentrale, besonders schützenswerte Elemente sind. Das Bekenntnis dazu ist für unser politisches Zusammenleben fundamental. Die elementaren Rechte auf Freiheit und körperliche Unversehrtheit sowie auf Schutz vor rassistischer Diffamierung sind unteilbar und gelten gleichermaßen für alle. Daran müssen sich auch diejenigen in unserem Land halten, die antisemitische Affekte und Überzeugungen hinter allerlei Vorwänden kultiviert haben und jetzt eine willkommene Gelegenheit sehen, sie ungehemmt auszusprechen."
Kommentare
Kommentar veröffentlichen