Von den Anfängen des Christentums bis zu heutigen Glaubensbekenntnissen

 Von den Anfängen des Christentums


Aus der Ostergeschichte wissen wir, dass von Anfang an Frauen eine entscheidende Rolle gespielt haben. In der Gesellschaft der damaligen Zeit hatten freilich die Männer das sagen. Paulus' Wort: "Die Frau schweige in der Gemeinde!", wird daher damals fast selbstverständlich hingenommen worden sein. So verwundert es nicht, dass nur von Männern geschriebene Evangelien und Briefe an die Gemeinden in den Kanon der zu überliefernden Schriften aufgenommen worden sind. Diese männliche Sicht auf die Anfänge würde auch durch eine Doppelformel wie Christinnen und Christen (kurz: CuC) nicht beseitigt, deshalb wird in diesem kurzen Text darauf verzichtet.
Erst spät sind durch die Funde von Qumran auch die Essener und andere religiöse Gruppierungen aus der Anfangszeit des Christentums bekannt geworden. Doch im wesentlichen sind wir für diese Zeit fast nur auf die biblischen Schriften angewiesen.

Aus der Apostelgeschichte und den Paulusbriefen wissen wir, dass Paulus im Unterschied zu der Jerusalemer Urgemeinde schon bald zur Heidenmission in Kleinasien und Griechenland überging. Konflikte zwischen seinen Anhängern und der Jerusalemer Gemeinde wurden im so genannten Apostelkonzil (zwischen 44 und 49) vorläufig beigelegt. Danach missionierte auch Petrus in Kleinasien.


Das aber schon früh eine nach Osten gerichtete Mission stattfand, die über Syrien bis nach Indien führte, ist weniger geläufig. Von christlichen Gemeinden in Syrien wissen wir freilich von Paulus, der auf dem Wege zur christlichen Gemeinde in Damaskus bekehrt wurde. Die Berichte, dass der Jünger Thomas etwas gleichzeitig mit Paulus in Indien missioniert habe, sind zwar eindeutig Legenden, die erst rund 200 Jahre danach erfunden worden sind. Dennoch haben die unter der Bezeichnung Thomaschristen zusammengefassten asiatischen Kirchen eine ältere Tradition als die europäischen Christengemeinden außerhalb des römischen Reiches.

Christen im Nahen Osten

Dort, wo es herstammt, geht das Christentum gegenwärtig besonders stark zurück: im Nahen Osten.

Zur Zeit des Osmanischen Reiches machten die Christen dort oft noch ein Fünftel der Bevölkerung aus. Auch danach lebten im Irak über 1 Million Christen, in Syrien etwa 2 Millionen. Infolge der Kriege ist aber aus diesen Ländern über die Hälfte der Christen geflohen. Dank der ganz ungewöhnlichen Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen, hat im Libanon daher - ganz gegen den Trend - die Zahl der Christen sogar zugenommen. Aber weil die Bevölkerung dort durch die Zahl der Flüchtlinge überfordert ist, wird auch das nicht von Dauer sein.

Auch in Israel und Palästina wird der Anteil der christlichen Bevölkerung immer kleiner. Bei der Gründung des Staates Israel waren in Jerusalem noch etwa ein Viertel der Bevölkerung Christen. Jetzt ist der Anteil auf etwas mehr als 5 Prozent zurückgegangen.

Doch trotz aller Bedrängnis fühlen sich Christen im Nahen Osten so verwurzelt, dass sie diese ihre Heimat nicht aufgeben wollen. Das ist auch bei den koptischen Christen in Ägypten zu beobachten, die trotz aller Anschläge an Glauben und Heimat festhalten.


Christen in Afrika

Im letzten Bericht über die Anfänge des Christentums war von den Christen in Indien die Rede, die der Legende nach auf den Apostel Thomas zurückgehen. Die koptische Kirche in Afrika wurde der Legende nach vom Evangelisten Markus gegründet. Während der Christenverfolgung durch den römischen Kaiser Diokletian wurde sie freilich so dezimiert, dass sie ihren Neuanfang danach zum Anlass genommen hat, ihre Zeitrechnung "nicht mit Christi Geburt, sondern mit dem Herrschaftsantritt Diokletians" (Wikipedia) zu beginnen.

Eine Sonderentwicklung fand in Äthiopien statt, wo schon im 4. Jahrhundert ein christlicher König herrschte. Seit der Ausbreitung des Islams war deshalb die äthiopische Kirche vom römischen Reich getrennt und entwickelte sich über Jahrhunderte hinweg ohne Einfluss der dortigen Kirche. Der Theologe Hans Küng hat aufgrunnd gewisser Besonderheiten der Liturgie sogar für möglich gehalten, das die äthiopische Kirche judenchristliche Wurzeln hat. Dafür spricht seiner Meinung nach. dass die Liturgie in der semitischen Sprache Ge’ez, gefeiert wird und dass dort der Tabot, ein Tragaltar in Ähnlichkeit zur jüdischen Bundeslade, im Mittelpunkt jeder Eucharistiefeier steht.

Die Vorstellung, erst europäische Missionare hätten das Christentum nach Afrika gebracht, wäre also irrig. Ganz abesehen davon, dass der bekannteste Kirchenvater, Augustinus, Bischof von Hippo Regius war, einer Stadt auf dem Gebiet des heutigen Algerien.

Richtig ist aber, dass viele afrikanischen Kirchen auf europäische Mission zurückgehen und insofern junge Kirchen sind, die von einem viel stärkeren Enthusiasmus geprägt sind als die europäischen Volkskirchen.


Verbreitung des Christentums auf der Welt

Während das Christentum in den Weltregionen, von denen es ausgegangen ist, gegenwärtig zurückgeht, hat die Zahl der Christen insgesamt erheblich zugenommen.

Den meisten von uns wird bekannt sein, dass längst der Anteil der Christen an der Bevölkerung der "neuen Welt" (also Amerika) weit höher ist als der in der "alten Welt" (Europa und Asien). Liegt er in Angloamerika über 80 %, in Lateinamerika sogar über 90 %, so liegt er gegenwärtig in Europa nur noch knapp über 70 % und in Asien sogar nur bei 8,5 %.

Am eindrucksvollsten ist die Entwicklung in Afrika. In den nahöstlichen Regionen des Ursprungs geht die Zahl der Christen zurück. Im subsaharischen Afrika aber ist sie von 10 Millionen im Jahr 1900 auf das 350 Millionen angestiegen. (Das ist noch mehr als der christlichen Mission der demographischen Entwicklung geschuldet.)

Obwohl der Anteil der Christen in Asien mit den bevölkerungsreichsten Staaten der Welt so gering ist (8,5%), liegt doch die Zahl der Christen deutlich vor den anderen Religionen mit den meisten Anhängern: Christentum (etwa 2,3 Mrd. Anhänger), Islam (etwa 1,6 Mrd. Anhänger), Hinduismus etwa (940 Mio. Anhänger), Buddhismus (etwa 460 Mio. Anhänger).

Angesichts solcher Zahlen stellt sich immer wieder die Frage, ob die, die sich zur Christenheit zählen, noch die befreiende Botschaft weitergeben können, statt dass sie zur Uneinigkeit in der Welt beitragen.

Unsere Michaelsgemeinde verbindet sich mit den aufstrebenden christlichen Weltregionen, indem sie in Lateinamerika Padilha in Brasilien und in Afrika Njombe in Tansania unterstützt.

Glaubensbekenntnisse und biblischer Kanon

Wohl den meisten Laien geht es so, dass ihnen zwar die Glaubensgeschichten aus den Schriften des Neuen Testaments recht gut vertraut sind, dass sie aber kaum einmal darüber nachdenken, dass es in der Zeit der frühen Christenheit noch kein Neues Testament gab. In der ersten Generation nach Jesu Tod wurden sicher schon einige Briefe des Apostels Paulus auch außerhalb der Gemeinden bekannt, an die sie gerichtet waren. Die Evangelien wurden erst etwa 70 Jahre nach Christi Geburt verfasst, doch noch im Jahr 300 n. Chr. bestand noch durchaus keine Einigkeit darüber, welche Werke in den verbindlichen Kanon der christlichen Schriften aufgenommen werden sollten. Erst 397 wurde auf einer Synode von Karthago genau die Liste der neutestamentlichen Schriften als gültig bezeichnet, die wir heute kennen.

Noch 230 hatte der Kirchenvater Origines mehrere Briefe aus dem heutigen Kanon als genauso umstritten bezeichnet wie z. B. den Barnabasbrief, den Hirt des Hermas, die Didache und das Hebräerevangelium, Schriften, von denen die meisten von uns wohl noch nie gehört haben. Freilich wissen von uns wohl viele ohne Nachschlagen auch nicht, ob im biblischen Kanon auch ein dritter Brief des Johannes oder ein Judasbrief enthalten ist. (Genaueres zu diesem Thema findet man unter dem Stichwort Kanon (Bibel) in der Wikipedia.)

Dass unser Glaube auf Schriften aufbaut, die über 200 Jahre gebraucht haben, bis sie als allgemeingültig anerkannt wurden, ist vielleicht noch leichter zu verstehen als die Entstehung späterer Bekenntnisschriften wie etwa der der nizänischen Glaubensbekenntnisse, von 325 und 381, von denen nur die zweite Fassung, das Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel in unseren Gesangbüchern abgedruckt ist. Diese soll bei nächster Gelegenheit behandelt werden.

Die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse

So wie heute die meisten Christen nicht mehr daran glauben, dass die Evangelisten nur das niedergeschrieben haben, was Gott ihnen Wort für Wort eingegeben hat (Verbalinspiration), so werden auch die meisten nicht annehmen, dass die Mutter des historischen Jesus niemals Geschlechtsverkehr hatte, bevor Jesus zur Welt kam. Trotzdem sagen wir im sonntäglichen Gottesdienst "geboren von der Jungfrau Maria" (Jungfrauengeburt).

Nicht wenige moderne Theologen halten am Dogma der Jungfrauengeburt fest, auch als diese Vorstellung in der theologischen Diskussion schon von der Mehrheit als Übernahme aus orientalischen und griechischen Mythen gedeutet wurde, in denen von bedeutenden Männern behauptet wurde, sie seien Söhne eines Gottes.

Weshalb aber halten die evangelische wie die katholische Kirche an diesen Glaubensbekenntnissen fest, obwohl viele heutige Christen auch aundere Formulierungen aus den Bekenntnissen (etwa "aufgefahren in den Himmel") nicht mehr wortwörtlich glauben können?

Zwar sind die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse noch später entstanden als die Schriften des neuen Testaments, sie galten also nicht vom Beginn des Christentums an und wir wissen, dass ihrer Formulierung viel Streit vorher ging und dass es darüber zu Kirchenspaltungen kam; aber andererseits sind sie Zeugnis eines starken Glaubens, der von Beginn der Kirche an immer wieder dazu geführt hat, dass Menschen ihr ganzes Leben diesem Glauben gewidmet haben und auch bereit waren, für ihn in den Tod zu gehen.

Wie kam es zu diesen frühen Glaubensbekenntnissen? Sicher hat ein Bedürfnis bestanden, sich von anderen Kulten dieser Zeit, etwa dem römischen Kaiserkult oder dem Mithraskult abzusetzen und auch, Irrlehren, die von der Lehre Christi abwichen, abzuwehren. Wer sich taufen ließ, sollte wissen, worauf er sich taufen ließ. Es gab aber auch das Bedürfnis, möglichst eng an die ursprünglichen Jünger und Apostel anzuschließen. Davon zeugt auch der Name "Apostolisches Glaubensbekenntnis" (das der Legende nach von den zwölf Aposteln in Gemeinschaftsarbeit erstellt worden sei - nach dem Tod des Judas Iskariot war Matthias als zwölfter hinzugewählt worden, Apostelgeschichte 1, 15-26)


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